Astro-AG unterwegs

Orientierung im kosmischen Maßstab

(rca)Die gespannt lauschenden Astro-AG-ler (und ihren Gästen vom WPU Astrobiologie) braucht der Vortragende Günther Hasinger eigentlich nicht zu überzeugen: Klar lohnt sich astrophysikalische Forschung – wie soll man sonst etwas über das Universum erfahren? Nun ist Hasinger der wissenschaftliche Direktor der ESA, der Europäischen Raumfahrtagentur. Als solcher ist er für einen Milliarden-Etat verantwortlich. Warum gibt Europa so viel Geld für so alltagsferne Fragen aus wie diese:

Heiße Sterne leuchten bläulich-weiß, die kühleren Zwergsterne glühen rötlich, und das Licht unserer mittelheißen Sonne erscheint uns gelblich. Kann man diesen Zusammenhang zwischen Farbe und Temperatur erklären und auf eine Formel bringen?

Kepler hat die Bahnen der Planeten beschrieben, Newton hat ihre Bewegung erklärt, und Merkur weicht von den Erwartungen ein bisschen ab. Warum?

Diese Fragen hat man vor etwa hundert Jahren beantwortet, und dazu die Quantenmechanik und die Relativitätstheorie entwickelt (übrigens zu großen Teilen in Göttingen!). Darauf basieren Computer, Handys, Laser, das GPS-Navigationssystem und so weiter – insgesamt 40% der gesamten Wirtschaftsleistung der Welt. Genau deshalb, erklärt Hasinger, ist Grundlagenforschung heute ein "big business": Es ist eine gute Investition, gerade weil man nie weiß, was man alles dabei an Unerwartetem findet.

Astrophysiker Hasinger berichtet an diesem Abend nicht nur von den Weltraumteleskopen, den vergangenen Missionen zu Jupiter und Saturn, oder den aktuellen zum Merkur und Mars – bei der Ladung von InSight auf dem roten Planeten waren viele der AGler ja aktiv dabei . Auch die Zukunft kommt zur Sprache: Die kleineren Gasriesen Uranus und Neptun sind zuletzt in den 1980ern besucht worden. Im Moment denkt man über Missionen nach, die dort frühestens Mitt der 2030er eintreffen würden. Nicht zufällig schaut er dabei in Richtung der Jugendlichen im Raum: Wer auch immer dann aus diesen Daten neue Erkenntnisse gewinnen wird – sie studieren jetzt, oder sie gehen noch zur Schule. Mehr als einer der Anwesenden geht an diesem Abenden mit neuen Gedanken über seine Berufsplanung nach Hause…

… nur um wenige Tage später wieder auf der Matte zu stehen. Nicht nur früher, auch heute wieder ist Göttingen ein erstrangiger Standort für Wissenschaft. Nach dem traditionellen Pizzeria-Besuch machte sich ein gutes Dutzend von der Astro-AG plus ihre Gäste auf in die 4. Lange Nacht der Wissenschaft. Eröffnungsrede, Mondrover auf "naturidentischem" Regolith ("Mondstaub"), maßstabsgerechte Modelle von Marsrobotern (die in Göttingen mitfabriziert worden sind), Hochpräzisions-Werkmaschinen und virtuelle Reisen durch die Sternenwelt, Neues zum Merkur und zu Planeten um ferne Sterne, dem Quietscheentchen-förmigen Kometen 67P Tschurjumow-Gerassimenko, über Wissenschaftler, die Robotern ein Bein stellen (und es ihnen selbst überlassen, das Wieder-Aufstehen zu lernen), und über Forscherinnen, die (fast) lichtschnelle Protonen zusammenkrachen lassen und die Bruchstücke studieren, … einhelliges Urteil: Göttinger Wissenschaft ist viel- und keinesfalls einfältig.



Einige Geräte aus der OHG-Physik-Sammlung hatten übrigens einen Gastauftritt beim Kooperationspartner, dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung – zur Erklärung des Magnetismus. Umgekehrt haben die vielen Vortragsbesuche auch bei der AG Spuren hinterlassen: Beim Computer-Quiz der Uni-Astrophysiker landeten zwei AG-Teams auf Platz 2 und 4 (von mehr als 1000 Teilnehmenden).

Auch nach der Nacht der Wissenschaft geht es weiter: Ob es um intelligentes Leben im Universum geht, die aktuellsten Forschungsvorhaben des Uni-Instituts oder einen eigenen Blick durchs Teleskop auf den Sternen-Kindergarten namens Orionnebel: Für die Vortragenden sind die AG-Hoodies (und Noahs exklusiv signierter ESA-Pulli) ein längst vertrauter Anblick. Ob Wissenschafts-Profi oder noch auf dem Weg dorthin: Das gemeinsame Interesse an allem, was ein paar Kilometer bis Lichtjahrmilliarden über Göttingen passiert, vereint einfach über die Generationen hinweg.

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