Festakt
OHG ging und geht einen guten Weg
(bt.) Das Jubiläum ist in vollem Gange, ein Höhepunkt folgt auf den nächsten. Nachdem am Donnerstag bei schönem Wetter und bester Stimmung das große Sportfest mit dem Klassentriathlon und viel Sport zum Ausprobieren über die Bühne gegangen ist, die angestrebten 50000 Punkte für das OHG locker erreicht wurden und somit alle OHG’ler am kommenden Dienstag erst zur dritten Stunde in der Schule sein müssen, steht für Freitag ein eher formeller, aber umso feierlicher Termin auf dem Programm: der Festakt. Um es gleich vorweg zu nehmen: Feierlich war er, aber so gar nicht formell, sondern kurzweilig und herzlich und anregend.
Mit geladenen Gästen, vielen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, aber auch gut vertreten durch das aktuelle Kollegium, fand am Freitagvormittag der Festakt in der Oberen Pausenhalle statt. Eingerahmt wurde er – in guter OHG-Tradition – mit Musik von den verschiedensten Ensembles der Schule, gespielt, gesungen und dargeboten mit viel Freude und hoher Professionalität.
Mit dem "Sky Boat Song" (Komp.: Tradtional, Arr.: Stefanie Lüdecke) eröffneten unter ihrer Dirigentin Frau Lüdecke Blockwerk, das Gitarrenensembleund das Streichorchesterdie Veranstaltung.
Danach senkte sich die Videoleinwand und das Publikum durfte mittels einer sehr ansprechenden und pfiffigen Präsentation Glückwünsche in den verschiedensten Landessprachen von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern entgegennehmen. Verantwortlich für diesen Beitrag zeichnete der Wahlpflichtkurs Kunst Jg. 9 unter der Leitung von Herrn Latermann und Frau Rauhaus.
Frau Engels, die dritte Schulleiterin, die dem OHG in seiner 50jährigen Geschichte vorsteht, begrüßte in der voll besetzten Halle das Auditorium auf das Herzlichste. Die Schule sei jetzt 50 Jahre alt, perspektivisch gesehen sei es für die meisten im Publikum noch gar nicht so lange her, für die – anwesenden – Schülerinnen und Schüler muten 50 Jahre vermutlich steinalt an. Viele schwelgten dieser Tage bestimmt auch in Erinnerungen, wenn auch z.T. optimiert. Rückblickend gelte es festzustellen, dass das OHG in einer Zeit gegründet wurde, in der die gesellschaftlichen Veränderungen ihren Ausdruck in der Bildungspolitik fanden: Rollenverhältnisse wurden infrage gestellt, Erziehungsmethoden ebenso und nicht zuletzt reifte die Erkenntnis, dass auch Kinder vom Lande in der Lage waren, das Abitur zu bestehen. Aus diesen Einsichten und durch diesen Sinneswandel öffneten sich schließlich auch die Schulen: Offenheit, Fortschritt, Veränderungen, Diskurs und konstruktive Veränderungen sowie ein respektvolles Miteinander wurden zu Integralen der Bildungspolitik und prägten den Geist – den Spirit – am OHG von Anfang an.
Frau Engels dankte allen Kolleginnen und Kollegen, die das OHG so weit gebracht haben, das der Bildungsauftrag am OHG genau in diesem Geiste immer weitergeführt wurde und wird. Namentlich dankte sie ihrem Vorgänger, Herrn Dr. Piontkowitz. Nicht zu unterschätzen sei der Beitrag, den eine aufgeschlossene und aktive Elternschaft, auf die man sich stets verlassen könne, bedeutet – wie gerade das Engagement beim gestrigen Sporttag einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt habe und für den sich Eltern z.T. extra Urlaub genommen hätten.
Selbstverständlich sei auch der Oberen Schulbehörde gedankt, die das Funktionieren der Abläufe im Komplex Schule garantiere, zu danken, ebenso wie der Stadt Göttingen als Schulträgerin und dem Engagement vieler regionaler und überregional aktiver Politikerinnen und Politiker. Last but not least bedankte sich Frau Engels bei den Kooperationspartnern der Schule, die – auch am gestrigen Sporttag – das OHG stark unterstützt hätten.
Bei allem Wandel und Bildungsoffensive werde "diese Schule", so Frau Engels, "auch in der Zukunft, wie schon in der Vergangenheit, ihren eigenen Weg finden zwischen oktroyierten Reformen und eigenen pädagogischen Überzeugungen und Ansprüchen!"
Und da der Sporttag nun schon so viel Erwähnung fand, änderte sie kurzer Hand den Programmablauf und das Publikum kam in den Genuss einer ersten Version des Sporttag-Films, den Herr Latermann und Herr Borschel gedreht haben und der reichlich Applaus erntete.
Bevor Frau Maria Schmidt als Schuldezernentin der Stadt Göttingen ein Grußwort überbrachte, spielte das Streichorchesterunter der Leitung von Herrn Eismann "La La Land" (Komp.: Justin Hurwitz, Arr.: Robert Longfield).
Frau Schmidt gratulierte der Schule im Namen der Stadt Göttingen und betonte besonders die vielfältigen Angebote der Schule, vor allem den Musikzweig, das Mat.-Nat.-Angebot und das Engagement als "Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage". Das OHG sei entstanden in einer Zeit, als die Gymnasien noch vornehmlich von den Söhnen und Töchtern der höheren Bildungsbürgerschaft aus der Stadt besucht wurden; aber in dieser Zeit änderte sich vieles – in der Politik, in den Beziehungen zwischen Mann und Frau und Eltern und Kind. "Hier entstand etwas Besonderes, entwickelte sich ein Geist, der Schranken durchbrach bis heute und zwar sowohl in den Köpfen als auch auf der Landkarte!" Dieser Geist präge das OHG bis heute, denn das Schulkonzept trage durch die vielfältigen Angebote, durch ein hochengagiertes Kollegium und durch eine gute Wissensvermittlung. Sehr persönlich merkte sie an, dass auch sie als Mädchen vom Lande, katholisch, aus der Arbeiterklasse von diesem Geist profitiert habe. "Bewahren Sie ihn!", so Frau Schmidts Wunsch und Appell zum Ende ihrer Ausführungen.
"Comptine d’un autre été: l’après midi" (Komp.: Yann Tiersen, Arr.: Franziska Eismann) so der vielversprechende Titel des Stückes, das Blockwerk, das Gitarrenensemble und das Streichorchester unter der Leitung von Frau Lüdecke intonierte.
Herr Dr. Eckhoff gratulierte dem OHG im Namen der Niedersächsischen Landesschulbehörde: "Wer 1969 das Licht der Welt erblickte, hat Musik im Blut!" – das berühmteste Riff der Rockgeschichte (gemeint ist Jimmy Page von Led Zeppelin) schwinge bei seinen Besuchen im OHG immer mit. 1969 sei das OHG das jüngste Gymnasium in Göttingen gewesen, heute ist es das größte mit über 1200 Schülerinnen und Schüler. Aber die schiere Größe sei hierbei nicht der entscheidende Punkt, vielmehr müsse man versuchen, das Gymnasium als Schulform auch weiterhin für alle Bildungsschichten offen halten. Am OHG gelinge dies durch ein stark differenziertes Angebot, durch die Mitarbeit einer Sozialpädagogin, durch das 2014 aufgelegte Sprachförderungsprogramm, durch den Spirit der Lehrerinnen und Lehrer, die sich um die Schülerinnen und Schüler sehr differenziert bemühten.
Danach gab es einen Bühnenwechsel – die Orchester rückten ab und der Konzertchor unter der Leitung von Herrn Kraus sang, begleitet von Frau Natalja Bachmann (Abiurjahrgang 2002) „Sweet Dreams“ (Komp.: Annie Lennox, David A. Stewart, Arr.: Oliver Gies)."Was für ein Auftritt!“, so Frau Körber, die für die Elternvertretung am OHG Grußworte überbrachte. Sie sei beeindruckt von der guten Laune in der Schule, von der Stimmung, der Freude, von dem fröhlichen bunten Sportfest am Vortag. Wenn der nächste runde Schulgeburtstag ansteht, dann würden sich hoffentlich viele lustige Geschichten und Anekdoten um diesen Tag heute ranken, an die man sich gern erinnere.
Die Schülervertretung am OHG, vertreten durch Piet Bartsch, Moritz Boy, Eleonora Gecius, Tom Grischke, Sebastian Kroll, Cedric Langer, Leon Lautenbach, Alina Mävers, Ferdinand Toischer und Tim Wiedenmeier, hatte sich eine besondere Art, zum Geburtstag zu gratulieren, überlegt: In einer kleinen Szene wurde Ferdinand plötzlich in das Jahr 1969 zurückgebracht, wo er, nicht wissend, in welcher Zeit er sich befindet, eine SV-Sitzung leiten soll. Schnell wurde deutlich, was sich bis heute verändert hat – zum Besseren und deshalb war er auch sehr froh und dankte dem Auditorium, dass er nicht nur wieder in die Gegenwart zurückversetzt wurde, sondern das ihm das OHG nicht nur Schule, sondern ein Treffpunkt mit Freunden sei, ein Ort an dem er sich wohlfühle – kurzum: "Unser Leben wäre ein anderes ohne das Angebot und den Spirit hier!"
Gänsehaut muss dem einen oder der anderen über den Rücken gezogen sein, als der Konzertchor die wohl berühmteste Homage an die Stadt anstimmte: "Göttingen" (Komp.: Barbara, Arr.: Michael Krause) verzückte das Auditorium, bevor Frau Send, die bis 2011 an der Schule tätig war – und danach noch einmal für zwei Jahre in einer personellen Notsituation aushalf – der Schule ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk überreichte: Lichtenbergs Elektrisiermaschine, von ihr eigens nachgebaut. Dass sie funktioniert, ohne Kabel und Anschluss, versteht sich von allein, aber den Beweis führte sie dennoch. Ergo: "Das OHG elektrisiert im Handumdrehen!!"
Frau Costanzo hat nach ihrem Abitur 2006 ein halbes Jahr im Tilonia Barfoot College und im Laaxmi Ashram in Nordindien ihren sozialen Dienst geleistet, beides seit Jahrzehnten vom OHG unterstützte und regelmäßig besuchte Projekte. Es folgte das Studium der Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität in Berlin und am Kings College in London. Ihr Referendariat führte sie u.a. ins Auswärtige Amt und an die Deutsche Botschaft in Tansania. Seit 2016 ist Frau Costanzo am Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Referentin für Bilaterale Beziehungen zur Türkei im Rahmen der EU-Ost-Erweiterung. Sie erinnert sich gern und gut an ihre OHG-Zeit, die sie geprägt habe. Und heute frage sie sich, warum der Jubilar so quicklebendig sei? Das müsste an den guten Genen und den starken Charakter des Namenspatrons der Schule liegen. Otto Hahn habe schließlich den Nobel-Preis für Chemie bekommen und die Göttinger Erklärung gegen die atomare Wiederbewaffnung der Bundesrepublik unterzeichnet. Allerdings dürfe man sich an der Schule nicht ausruhen und dieses Erbe einfach verwalten – und das geschehe am OHG auch nicht, so Frau Costanzo. Die Erfolgsgeschichte werde weitergeschrieben und findet seinen Ausdruck u.a. auch darin, dass das OHG die erste Schule im Landkreis wurde, die sich "Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage" nennen durfte. In sehr persönlichen Rückblenden erinnerte sie sich an Auftritte mit dem Konzertchor (Carmina Burana), an ihren Physiklehrer Herrn Dr. Ottmers, der sie auf den Verdienst Lise Meitners für die Forschungen von Otto Hahn aufmerksam machte und so quasi einer der "ersten Feministen wurde, die meine Denkweise langfristig prägten."
Ihr Schlussappell und Wunsch an die Schule lautete in Anlehnung an Kant: „Sapere aude!“ Es sei so leicht, bequem unmündig zu sein. Was die Gesellschaft heute mehr denn je brauche, seien kluge Köpfe, mutige Köpfe. Und mit einem Schmunzeln fügte sie hinzu: „Vielleicht sollte man nach 50 Jahren die Schule in Lise Meitner Gymnasium umbenennen, um dieser Frau endlich den Anteil an der Arbeit Otto Hahns zukommen zu lassen, den sie verdient!“
Frau Finja Knaak (Abiturjahrgang 2011, im LK Englisch von Frau Engels) hat gemeinsam mit ihrem Partner Jan Hartling eine Tanzperformance mit dem Titel „Memories“ einstudiert und beim Festakt aufgeführt - zweifelsohne eine ganz beeindruckende Aufführung, die beim Zuschauer sehr frei eigene Erinnerungen an die Schulzeit wach werden ließen.
Als letzte Rednerin des Festakts erinnerte sich Frau Sabine Dreßler an ihre Schulzeit am OHG. Frau Dreßler hat Theologie studiert in Göttingen und Hamburg, schloss ihr Vikariat in Teilen in einem Township in Südafrika ab und hat 20 Jahre als Gemeindepastorin in Braunschweig gearbeitet. Heute ist Frau Dreßler als Oberkirchenrätin Referentin für Menschrechte, Migration und Integration bei der EKD, der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie ist Mitinitiatorin der Menschenrechtsinitiative der EKD "freiundgleich", die 2018 an den Start ging.
1974 wurde sie in die 6. Klasse am OHG eingeschult. Nachdem sie das Abitur bestanden hatte, war sie nicht mehr an der Schule gewesen. Umso mehr freute sie sich, als Frau Feller, ihrer ehemalige Deutsch- u. Religionslehrerin sie anrief und fragte, ob sie beim Festakt eine Rede halten könne. Sehr gern nahm sie dieses Angebot an. Auch sie erinnerte sich an so manche Situationen in der Schule – exemplarisch nannte sie die Aktion "Sounds of Soveto", die 1976 nach dem Schüleraufstand in Südafrika hier auf der Bühne in der Oberen Pausenhalle stattfand.
Für Frau Dreßler, übrigens auch ein Mädchen vom Lande, Arbeiterklasse, aber evangelisch-reformiert, habe Schule heute im Wesentlichen vier ganz zentrale Aufgaben – neben der reinen Wissensvermittlung – zu bewältigen. Erstens habe jeder das Recht auf Bildung, sprich einer ganz individuellen Persönlichkeitsentfaltung. Zweitens solle sie die Fähigkeit vermitteln, einem jungen Menschen Staunen und Neugierde zu bewahren. Drittens gelte es, Herzensweisheit zu vermitteln, sodass der Mensch sich vor allem als Mitmensch versteht. Und viertens solle die Demokratie gefördert werden, sodass die universellen Menschenrechte Wirksamkeit erlangen. Ihr Wunsch an alle lautete: "Ich möchte uns allen wünschen, dass wir uns nicht abspeisen lassen – mit schlechter Bildung und mit einfachen Antworten auf komplexe Fragen." Und dann fügte sie noch hinzu: "Ich war Schülerin des OHG und darauf bin ich sehr stolz!"
Beschwingt und dynamisch läutete die Showtanzgruppe unter der Leitung von Herrn Wieneke mit "Happy" den offiziellen Teil der Veranstaltung ein. Es tanzten – mitreißend – Natalia Bajorek, Malica Drescher, Clara Glätzner, Annuschka Seekts und Herr Wieneke himself!
Bei Häppchen und Gebäck sowie erfrischenden Getränken klang dieser sehr kurzweilige und muntere Festakt aus.