Holocaust Gedenktag
27. Januar: Die Schriftstellerin Lizzie Doron aus Tel Aviv besucht das OHG
(Op.) „Gedenk-„ bzw. „Erinnerungstage“ wie z. B. der 9. November und insbesondere der 27. Januar werden im Otto-Hahn-Gymnasium zum Anlass genommen, den eigenen Standpunkt zu Geschichte und geschichtlichen Ereignissen kritisch zu reflektieren. Das ist nicht einfach – und deshalb gehen die SchülerInnen „aus dem normalen Unterricht hinaus“ und treffen sich mit „Erinnerungsexperten“. Eine solche Expertin ist auch die israelische Schriftstellerin Lizzie Doron.
Lizzie Doron las im Otto-Hahn-Gymnasium aus ihrem ersten Buch, «Warum bist du nicht vor dem Krieg gekommen?», das aus Recherchen für einen Schulaufsatz ihrer Tochter entstanden ist. Diese sollte nämlich für die Schule einen Aufsatz über ihren Familienstammbaum verfassen. Für Lizzie Doron war dies dann der Anfang ihrer schriftstellerischen Tätigkeit, machte sie doch die Suche nach ihrer eigenen Herkunft zum Zentralpunkt ihres Schaffens. Mittlerweile hat sie sechs Romane verfasst, die meisten sind in der Tat eine Art „Spurensuche“ nach den Wurzeln ihrer Familie – und nach ihrem Vater. Den hat Lizzie Doron nie kennen gelernt. In einem späteren Roman „Das Schweigen meiner Mutter“, aus dem sie ebenfalls Textstellen auswählte, ist der verlorene Vater das Hauptmotiv.
Die Veranstaltung fesselte die Anwesenden auch deshalb so sehr, weil Lizzie Doron die von ihr gelesenen Texte mit spontanen Erzählungen über sich, ihre Familie und die Situation in Israel ergänzte und bereicherte.
"Nur die Blonden überleben!"
Sehr frisch und lebensfreudig kommt sie in den Raum. Ihre blonden Locken hüpfen bei jedem Schritt auf ihrem Kopf hin und her. Sind die echt? Nachdem sie sitzt erklärt sie uns, wieso sie zwei Telefone dabei hat: Sie will immer erreichbar sein! Jeden Moment kann es neue Nachrichten aus der Heimat geben.
Dann geht es los. Lizzie Doron liest auf Hebräisch. Niemand von uns hatte jemals vorher bewusst Hebräisch gehört, wodurch es etwas sehr Außergewöhnliches für uns war. Natürlich wird auch übersetzt.
Während der Lesung erfahren wir mehr über ihre Haare. "Nur die Blonden überleben!", hatte Dorons Mutter immer gesagt. Ihr ganzes Leben drängte die Mutter darauf, den Haaren ihre Pigmente zu entziehen. Wieso? Erinnerungen haben bei ihr Spuren hinterlassen. Die Vergangenheit, die sie nie auszusprechen wagte, wie Lizzie Doron erzählt. Die Vergangenheit namens Auschwitz. Dinge, über die wir jetzt nachdenken, die wir lesen und lernen, aber sie doch nie erfahren und nachvollziehen können. Diese Erinnerungen prägten die Mutter ihr Leben lang, wie Lizzie Doron erst nach ihrem Tod in ihren Romanen aufarbeitet. Wusste sie doch nie etwas über ihre Mutter, so entstand bei der Recherche für die Romane ein immer genaueres Bild der Frau, die sie gekannt hatte, ohne sie zu kennen.
Unsere Reise der Erinnerung mit Lizzie Doron begann zwar in der Vergangenheit, doch endete im Jetzt. Wir begaben uns zusammen mit der Autorin in die Vergangenheit einer Familie, die bis vor kurzem unklar war. Viele gibt es davon in Israel. Die Leute versuchen zu verdrängen und stehen dabei knapp vor einem Abgrund des Vergessens.
Aber ein gutes Mittel gegen Vergessen ist das Erinnern. Erinnerungen prägen uns. Unsere Vergangenheit hat uns mit Israel verbunden und so sollten wir nicht vergessen, zu erinnern.
Johanna Eckes Q2